Neue Frauenpower im Göttinger «Tatort»
- Schon vor Jahren wünschte sie sich, einmal die erste dunkelhäutige TV-Kommissarin im deutschen Fernsehen zu werden. Sie hat es geschafft! Die aus Uganda stammende Florence Kasumba macht Maria Furtwängler schlagkräftig Konkurrenz. Von Ulrike Cordes

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Florence Kasumba ist beim Pressegespräch in Hamburg ausgesprochen entspannt. «Ich würde verrückt werden, wenn ich nur an meine Karriere denken würde», erklärt die 42-jährige Schauspielerin.
«Ganz ehrlich – ich spiele gern und habe gar keine großen Erwartungen»,
sagt die exotische Schönheit mit der kraftvollen Präsenz und der verbindlichen Art zu ihrer neuen Rolle im «Tatort». Darin ist die gebürtige Afrikanerin, seit dem Fall «Das verschwundene Kind» (Erstausstrahlung war Sonntag, der 3. Februar 2019), als Göttinger Kommissarin Anais Schmitz im Ersten zu sehen. Sie ermittelt gemeinsam mit Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler).
Karriere hat die Künstlerin schon als Musicaldarstellerin («Mamma Mia!») gemacht. Auch in der Spionageserie «Deutschland 86» (Amazon Prime) wirkte Kasumba mit. Sogar in Hollywood feierte sie bereits Erfolge – in «Black Panther» und «Avengers» (beide 2018). Wir haben mal nachgefragt.

«Ich bin ein sehr privater Mensch»
Bei der ersten Begegnung hält Charlotte Lindholm ihre neue Kollegin zunächst für eine Putzfrau – weil die als dunkelhäutige Person in einem Kittel und mit Eimerchen in der Gerichtsmedizin herumsteht. Ist das eine Form von Alltagsrassismus, den Sie kennen?
Ich muss tatsächlich mit Alltagsrassismus leben, aber ich gehe positiv damit um. Wir sollten auch nicht vergessen, dass wir ja alle so einen Automatismus haben: Wir sehen eine bestimmte Person und haben sofort unsere Vorstellungen. Vielleicht kann die Besetzung meiner Person für diese Rolle manchen Leuten die Augen öffnen: Da ist eine dunkelhäutige Deutsche, die in ganzen Sätzen spricht, die vernünftig und gebildet ist, sich für die anspruchsvolle Aufgabe einer Kommissarin qualifiziert hat und dazu noch ihre ganz persönliche Geschichte mit sich herumträgt. Natürlich ist Charlotte bei ihr voll ins Fettnäpfchen getreten, aber wir können alle daraus lernen, wie wir auf andere Menschen zugehen sollten. Im Übrigen hat auch Anais ihre Vorurteile. Keiner kann sagen, er ist frei davon.
Es ist bekannt, dass Sie sich schon vor vier Jahren gewünscht haben, einmal Deutschlands erste dunkelhäutige «Tatort»-Ermittlerin zu sein. Wie hat es letztendlich geklappt?
Ich bin mit dem «Tatort» aufgewachsen – der wurde sonntagabends immer bei uns geguckt. Inzwischen war ich in einigen Episoden zu Gast und mag auch die Arbeit mit den Kollegen. Also habe ich mich umgeguckt und mir gedacht: Hier könnte man doch ein bisschen mehr Farbe reinbringen. Und weil ich meine Wünsche immer sehr konkret formuliere, habe ich das auch hier getan. So hat es sich gefügt.
Laut dem verantwortlichen Sender NDR sollte ihre Hautfarbe gar nicht im Mittelpunkt stehen. Vielmehr sollte diese als ganz selbstverständlich rüberkommen.
So ist es. Ich finde es zum Beispiel eher interessant zu sehen, wie Anais agiert – teils ganz schön aggressiv und schlagkräftig. Viele meinen vielleicht, sie sei untypisch; Frauen seien doch weicher. Aber wer behauptet das? Wir sprechen hier ja auch von Frauen, die bei der Kriminalpolizei arbeiten. Da bringe ich nicht die Wärme mit, als wenn ich zur Kita gehen würde. In der Position muss ich eine gewisse Härte mitbringen, um überhaupt ernst genommen zu werden.
Die Entwicklung des Films zeigt, dass Anais zwei Seiten hat – die zweite ist verletzlich und einfühlsam. Sind Sie ähnlich? Ihre eigene körperliche Fitness haben Sie bekanntermaßen durch Kampfsport gesteigert.
Dazu muss ich sagen, dass ich es als Glück empfinde, so erzogen zu sein, dass man mir nicht beigebracht hat, als Frau so oder so sein zu müssen. Meine Geschwister und ich wurden gleich erzogen – unabhängig von Stereotypen. Als Mädchen hätte ich auch zum Fußballtraining gehen können und nicht zwingend zum Tanzen. Das half unheimlich, weil ich mich völlig ausprobieren durfte. Zum Kampfkunst-Training habe ich mal ein Schwert mitgebracht, was andere irritiert hat. Aber warum nicht? Ich habe nie darüber nachgedacht, dass ich bestimmte Sachen nicht machen sollte, weil ich eine Frau bin.
Auch wenn viele Zuschauer Sie jetzt erst näher kennenlernen, haben Sie ja schon viele Erfolge gefeiert. Nicht zuletzt in Hollywood – wie ist Ihnen das gelungen?
Ich bin ein sehr privater Mensch. Gezielte Medienarbeit betreibe ich nicht. Deshalb kennt mich der normale Zuschauer auch wohl eher nicht. Wie ich im Ausland gefunden wurde? Ich arbeite ja schon seit mehr als 20 Jahren, habe etwa bei Musicalproduktionen wie «Cats» und «Der König der Löwen» Amerikaner kennengelernt, die uns diese Shows nähergebracht haben. Außerdem gibt es in London eine Agentur, die mich schon seit 2013 ins Ausland vermittelt. Das war nicht so geplant, es hat sich einfach vieles ergeben.
[su_box title=“Zur Person“]Florence Kasumba wurde 1976 in Uganda geboren und wuchs in Essen auf. Nach dem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung in Gesang, Tanz und Schauspielerei.
Auf mehreren Bühnen in Deutschland und Österreich übernahm die Darstellerin Musicalrollen, so auch von 2003 bis 2004 den Titelpart in Elton Johns «Aida» in Essen. Bereits vor ihren Filmerfolgen in Hollywood, etwa als Elitekriegerin Ayo in der Marvel-Verfilmung «Black Panther», spielte Kasumba wiederholt Gastrollen in Fernsehfilmen und Serien. Kasumba lebt mit Mann und Kindern in Berlin.
[/su_box](MAG99/dpa/tmn)
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